Was kann die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr beeinträchtigen?

Kaum ein Neufahrzeug wird mehr ohne Touchscreen(s) ausgeliefert. Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Viele Funktionen können auf überschaubarem Bauraum untergebracht werden, der Innenraum ist aufgeräumt und die smartphonetypischen Wisch- und Zoombewegungen sind vertraut. 
Gleichzeitig sind diese Tatsachen nicht nur Segen, sondern auch Fluch. 

Manche Funktionen sind im dritten Untermenü versteckt, das Display reagiert verzögert oder es treten sonnenbedingte Blendeffekte auf und die Smartphonebewegungen, welche man im heimischen Ohrensessel intuitiv auf seinem Gerät ausführt, werden beim Touchscreen insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten oder Serpentinenstraßen zu einer Ziel- und Zitterpartie und damit zu einem Risiko. Nicht zuletzt deshalb finden sich zunehmend in der automobilen Fachpresse und in zahlreichen Leserkommentaren recht deutlich formulierte Forderungen nach einer Abkehr von reinen Touchscreens im Fahrzeuginterieur. Das Credo ist immer, dass die Bedienung zu umständlich und die Menüführung stellenweise nicht eingängig ist. 
Das größte Manko sind aber sicherheitsrelevante Bedenken.
Und tatsächlich hat eine Studie von IAM Roadsmarts (IAM RoadSmart Infotainment Research 2020) festgestellt, dass Touchscreenbedienung eine bis zu 57% erhöhte Reaktionsverzögerung nach sich zieht. 

Also ein vernichtendes Urteil für Touchscreens im Hinblick auf die aktive Sicherheit?
Nicht unbedingt, denn es gibt Lösungen die die Nachteile nicht nur ausgleichen, sondern überkompensieren können.
 

HMI Konzepte für die Verbesserung der aktiven Sicherheit

Wir bei Preh sehen die „die greifbare Zukunft des Fahrzeuginnenraums“ mit einem Fokus auf flexible, variabel gestaltbare technische Lösungen, verbunden mit intuitiver Bedienbarkeit. Dabei werden Technologien in verschiedenen Bereichen des Interieurs kombiniert: 

Bedienelemente für das Lenkrad

Die intuitive Bedienbarkeit in Reichweite des Daumens bei minimaler Blickabwendung vom Straßenverkehr sprechen für sich. Die heutige Herausforderung neuer Entwicklungen liegt darin, immer mehr Funktionen in dem nur geringen Bauraum des Lenkrads zu realisieren, einschließlich Integration der Elektronikkomponenten. Aufgrund der begrenzten Fläche, werden Funktionen auch gerne in sogenannte „Satellitenschalter“ ausgelagert. Wir haben solche zusätzlichen Bedienelemente unter anderem für die neueren AMG-Modelle von Mercedes Benz entwickelt. Mittels eines drehbaren Ringes und integriertem Farbdisplay ermöglichen sie beispielsweise Fahrwerks- und Fahrprofileinstellungen. Die Vorentwicklung der Preh Group hebt immer wieder neue Konzepte für multifunktionale Lenkradschalter aus der Taufe, die auf ein prägnantes haptisches Feedback fokussiert bleiben.
Nach oben

Drehregler auf Display

Unsere jüngsten HMI-Lösungen favorisieren eine Kombination aus haptischen Bedienelementen und Touchscreen, denn so lassen sich die Stärken beider Ansätze vereinen. Hier kommt beispielsweise ein Dreh-/Drücksteller zum Einsatz, der so konzipiert wurde, dass er mittels Bondingverfahren durchbruchsfrei auf der Oberfläche des Touchscreens befestigt werden kann. Eine eigene Auswerteelektronik ist nicht erforderlich, weil das System hierfür die bereits im Touchscreen vorhandenen Möglichkeiten nutzt. Die Ford Modelle Mustang Mach-E, Ford F-150 Lightning und Expedition nutzen in einer ersten Serienlösung die Drehfunktion zur Lautstärkeregelung. Andere OEMs ziehen nach. Darüber hinaus steckt in dieser Preh-Entwicklung auch das Potenzial eines echten zentralen Bedienelements, beispielsweise zur Auswahl von Funktionen wie Media, Klima oder Navigation. Machbar ist auch das Platzieren von mehr als nur einem Drehregler auf einem Touchscreen. 
Fakt ist - der Drehregler hat noch lange nicht ausgedient, vielmehr trägt er zur aktiven Sicherheit bei.
Nach oben

Platzierbarer Drehregler

Unsere Vorentwicklung hat zudem längst die nächste Evolutionsstufe in Arbeit: ein verschiebbarer und sogar abnehmbarer Drehregler. Dieser kann über die gesamte Touchscreenfläche bewegt werden, wobei sich die grafische Oberfläche entsprechend der Drehreglerposition verändert. In der abnehmbaren Version kann dieses Bedienelement zusätzlich auf der Mittelarmlehne, im Bereich der Tür oder im Fond genutzt werden. Dies ermöglicht eine flexible Möglichkeit der multi-modalen Bedienung. Er kann auch mehrfach bestellt werden, so dass die einzelnen Drehregler an ihren jeweiligen Bedienorten verbleiben – so, als ob sie fest verbaut wären. Der 360 Grad Dreh-Drück-Steller wird wahlweise mit aktivem oder passivem haptischem Feedback ausgeliefert. Er lässt sich auf unterschiedlichen Oberflächen wie Leder, Holz, Glas oder Kunststoff platzieren. Zudem sind unterschiedlichste Arten der Personalisierung denkbar: vergoldet, mit Strasssteinen besetzt oder doch klassisch schlicht. Wer lieber einen reinen Touchscreen nutzt, kann den Knopf auch einfach abnehmen und im Handschuhfach verschwinden lassen.
Nach oben

Mittelarmlehne

Der Bereich vor der Armauflage kann als Getränkehalter und Ablage, zunehmend auch mit induktiver Ladefunktion für das Smartphone, dienen. Andererseits wird dieser Platz für integrierte Bediensysteme genutzt. Aber es finden sich auch Mischungen aus beiden Ansätzen. Wir favorisieren hier die Gestaltung als Bedienzentrum, weil auf diese Weise wichtige Funktionen praktisch „aus dem Handgelenk heraus“ gewählt werden können. Im neuesten Konzept finden sich sowohl haptische Landschaften mit dreidimensionalen Fühlhilfen, Slidefunktionen und Touchpad als auch das Bedienelement zur Auswahl der Fahrmodi – immer mit aktivem oder passivem haptischem Feedback.
Nach oben

Türbedienung

Bislang wurde das Türbedienfeld vor der seitlichen Armauflage positioniert. Doch mit dem autonomen Fahren verändern sich auch hier die Anforderungen. Verschiebt man den Sitz im autonomen Modus weit nach hinten, dann gerät das Türbedienfeld außer Reichweite. Daher haben wir eine Armauflage entwickelt, die beim Zurückschieben des Fahrersitzes nach vorn wandert. Dabei wird das vordere Bedienfeld verdeckt und ein Bedienfeld im hinteren Bereich freigegeben. Das technische Konzept dieses Armlehnen-Moduls umfasst zum einen die Aktuatorik, welche die Auflage verschiebt, einschließlich Signalsynchronisation mit dem Sitz. Schließlich soll sich die Armauflage nur dann verschieben, wenn der Sitz im autonomen Fahrmodus weit nach hinten bewegt wird. Zum anderen gehören die Bedienfelder dazu. Hierbei sind die Schalter als geschlossene sensorische Oberflächen ausgeführt, die dank haptischen Fühlhilfen das Finden der jeweiligen Funktion ohne Blickabwendung erleichtern. Zudem sorgt ein Aktuator dafür, dass jede Funktionsauswahl mit einem fühlbaren haptischen Feedback bestätigt wird. Alternativ kann auch ein passives haptisches Feedback zum Einsatz kommen. Ganz bewusst arbeiten wir hier nicht allein mit Sensorik. 
Nach oben

Auch ohne Berücksichtigung des autonomen Fahrens können mithilfe unseres Bedienmodul-Konzeptes unter Verwendung von aktivem haptischem Feedback und 3D-Fühlhilfen neue Wege in der HMI Innenraum Gestaltung beschritten werden. Das Modul verfügt über eine komplett geschlossene Oberfläche. Dank einer speziell entwickelten Aktuator- und Sensortechnologie entfallen sämtliche beweglichen Teile. Die zu einem Modul kombinierten Bedienelemente können somit spaltlos in die Fahrzeugtür eingefügt werden. Eine individuelle Ausgestaltung der fühlbaren Konturen ist ebenso realisierbar wie der Einsatz unterschiedlicher Oberflächenmaterialien.

Lichteffekte für Sicherheit und Ambiente

Zusätzlich zu „ambientem Licht“ und „Oberflächenlicht“ findet nun auch das neu entwickelte 3D-Effekt-Licht Anwendung. Das ambiente Licht sorgt für eine angenehme Atmosphäre, die das Wohlbefinden und die Konzentration des Fahrers fördern kann. Studien zeigen, dass eine niedrige Farbtemperatur eine Erhöhung des Komforts ermöglicht, wohingegen eine hohe Farbtemperatur die Wachsamkeit steigert. Spezielle Lichteffekte können die Aufmerksamkeit des Fahrers bei Müdigkeit verbessern. Licht trägt aber auch zur aktiven Sicherheit bei, wie etwa rot blinkendes Licht bei Gefahren. Dies erfordert ein komplexes System aus LED-Lichtquellen, Steuerungen und Sicherheitsvorkehrungen, um zuverlässige Funktionen zu gewährleisten. Damit trägt die Lichttechnik nicht nur ästhetischen, sondern auch funktionalen und sicherheitskritischen Aspekten Rechnung.
Nach oben

Bewegliche Displays

Ergonomie nimmt eine tragende Rolle ein, wenn es um das Verhältnis von „Look & Feel“ und Bedienbarkeit im Fahrzeuginnenraum geht. Die optimale Platzierung der Bedienelemente ist essenziell für die Benutzerfreundlichkeit und eine geringe Blickabwendung. Hier können Kinematik-Lösungen ihre Stärken ausspielen: Bewegliche, schwenkbare Displays sowie verstellbare Mittelkonsolen ermöglichen eine flexible Anpassung an die Körpergröße, Sitzposition und Vorlieben des Fahrers. Bewegliche Displays minimieren beispielsweise mittels Neigung Reflexionen durch Sonnenlicht. Darüber hinaus drehen sie sich per Sprachbefehl des Fahrers oder Beifahrers in die entsprechende Position für verbesserte Sicherheit, Funktionalität und Komfort.
Nach oben

Meistgelesene Artikel

Das Cockpit braucht den Drehsteller

Fachartikel in der Automobil Industrie, veröffentlicht am 30.09.2022

Fachartikel in der Automobil Industrie, veröffentlicht am 30.09.2022

Zum Artikel

Der Drehsteller wird abnehmbar

Fachartikel in der Automobil Industrie, veröffentlicht am 27.10.2023

Fachartikel in der Automobil Industrie, veröffentlicht am 27.10.2023

Zum Artikel

Fahrzeuginnenraum in neuem Licht

Fachartikel in der Automobil Industrie, erschienen am 18.10.2024

Fachartikel in der Automobil Industrie, erschienen am 18.10.2024

Zum Artikel